Das erste mal passierte es als ich mit unserem Sohn alleine einkaufen war. Er steckte im Tragetuch, grunzte zufrieden vor sich hin und ich stand beim Gemüse hinter einer älteren unbekannten Dame. Sie drehte sich um, erblickte mein Baby und quietschte los. „Na, du bist ja ein Braver!“ Ich persönlich kenne kein einziges böses Baby aber hey. Ich lächelte ihr zu, angelte nach meinem Obst, griff an ihr vorbei und….hatte ihre Hand in meinem Tragetuch. Tatsch tatsch tatsch, tätschelte sie ungefragt und ungewünscht am Kopf meines Kindes herum. Brustmassage für die Mama inklusive.

Da mein Selbstbewusstsein als Neumama erst wachsen musste, nuschelte ich, dass ich das nicht möchte, dass sie mein Kind anfässt und ging weg. Selbstverständlich war die Dame, die in absolut übergriffiger Weise ein ihr fremdes Kind wie ein Plüschtier, dass Allgemeingut ist, anfasst, stinkbeleidigt. Was ich denn hätte!

Ja, echt mal! Wie komme ich als Mutter denn dazu mein Kind solange es noch nicht selber seinen Persönlichkeitsbereich schützen kann, das für ihn zu machen? Als ob ich als Mutter überhaupt in der Lage bin, diese Entscheidung zu treffen! UNMÖGLICH!

„Nun stellen Sie sich doch nicht so an. Ist doch nur ein Kind!“

Dei Meinung, die unsere Gesellschaft von Kindern hat, zeigt sich gut bei fremden Menschen, die nicht in der Lage sind sich vorzustellen, dass ein Kind ein eigenständiger Mensch mit allen Rechten ist. Für den Anfang hilft ein Blick in unser Grundgesetz, da ist das mit der Würde prima festgehalten. Offensichtlich irritierenderweise haben die Mütter übrigens auch Rechte und total crazy- ihr steht es allein zu, zu entscheiden ob ein Fremder ihr Kind anfassen darf oder nicht. Ich schreibe hier aus meiner Sicht als Mutter, bevor sich ein Papa diskriminiert fühlt, tausch das Wort „Mutter“ bitte mit „Vater“ aus.

Ja, Babys sind süß. Und wie sie duften! Außer sie haben gerade vollgeschissene Windeln.

Baby sind so unschuldig und beschützenswert wie sie da rosig zerknautscht rumliegen. Und guck mal diese dutzi dutzi kleinen Fingerchen. Süüüüüß! Und in diese Speckbeinchen! Da will man am liebsten Reinbeißen. Schmatz!

Jaaaa…sie sind unschuldig und wecken den Beschützer in uns. Denn für einige Zeit sind sie komplett auf uns angewiesen, da sie weder „Finger weg, Sie stinken.“ noch „Ich möchte nicht von Fremden betatscht werden.“ sagen können. Und genau deswegen, fummelt man nicht unerlaubt an ihnen rum. Sie sind nämlich nicht dazu da, dass man seine eigene Sehnsucht nach Schmuseleinheiten befriedigt. Auch sind sie nicht dafür da wie Freiwild angetatscht zu werden, weil sie sich so schön anfühlen.

Auch Kinder haben rEchte. Falsch. Gerade Kinder haben Rechte!

Ich halte zwar grundsätzlich nichts davon „Kinder“ und „Erwachsene“ gleich zu setzen aber in diesem Punkt nochmal der dezente Hinweis, dass auch Kinder Rechte haben. Und im Zweifel immer mehr als Erwachsene, denn Kinder und Babys sind mit Sicherheit nicht in der Lage sich so zu wehren und für ihre Rechte einzustehen, wie wir Erwachsenen es können.

Deswegen -und jetzt kommt die offensichtlich große Überraschung für manche – machen wir Eltern das. Wir entscheiden ob es uns egal ist, wenn jemand unserem Kind körperlich übergriffig wird oder ob wir ganz klar eine Grenze setzen und deutlich machen, dass wir nicht möchten, dass unser Baby von Fremden angefasst wird.

Die Gründe wenn wir das nicht wollen sind übrigens völlig egal. Die stehen auch nicht zur Diskussion, denn die Entscheidung treffen die Eltern und nicht die Umwelt. Wir haben uns nicht zu rechtfertigen warum wir nicht möchten, dass unsere Kinder von Wildfremden angetatscht werden.

Im Gegenteil: ich hätte gerne mal eine, nur eine einzige vernünftige Erklärung in den letzten 19 Monaten erhalten warum ein Fremder (von dem ich nicht weiß ob er sich gerade mit seinen Händen am Sack rumgekratzt hat, ob er Herpes hat, ob er pädophil ist oder oder oder ) der Meinung ist, er dürfte den Persönlichkeitsbereich meines Kindes (und mir) so derbe ignorieren.

Ich habe eine Situation gehabt, bei der mir mein Herz aufgegangen ist: Ich war mit meiner Freundin bei Ikea. Wir beide Neumamas, mein Kleiner knapp fünf Wochen alt und sooo sooo klein wie er da im Tuch steckte. Ein Mann kam auf mich zu und meinte, dass er mir einfach nur sagen möchte, wie schön es ist noch sooo kleine Babys zu sehen, die sieht man viel zu selten. Babys sind das wichtigste und er freut sich einfach wenn er eins sieht.

Kein Getatsche, kein Gefummel sondern Emotionen in Worte. Großartig.

Am Anfang meines Mamaseins (und leider leider auch immer noch dann und wann, hin und wieder) war meine Antwort „Ich möchte nicht, dass sie mein Kind anfassen, weil blablabla.“ Fehler. Innerhalb kürzester Zeit war ich in Diskussionen verwickelt, die am Ende dazu führten, dass mein Baby die Schnauze voll hatte, da es meine Unruhe spürte und mein Gegenüber mit meinen Antworten so gar nicht einverstanden war.

Möglicherweise fing mein Baby auch deswegen an zu meckern, weil er es absolut blöd fand eine Hand an sich zu spüren die er weder vom Geruch noch vom Gefühl zuordnen konnte? Aber was weiß ich schon über mein Kind als Mutter! (IRONIE!)

Kinder werden nicht Gefühllos weil nicht jeder an ihnen rumfummeln darf

In Wahrheit ist es ja viel schlimmer. Sie lernen wenns blöd läuft doch tatsächlich, dass es eben nicht ok ist, wenn andere über ihren Körper entscheiden. Wer will das schon! Ein Erwachsener der sich seiner selbst sicher ist. Pfui!

Mein Selbstvertrauen als Mama wuchs ebenso wie die Sicherheit, dass mein Kind kein empathieloses Geschöpf wird, weil seine Mutter stellvertretend dafür sorgt, dass er nicht von Fremden angetatscht wird.

Wer also ungefragt mein Kind angrabscht bekommt deutlich die Info, dass ich das nicht möchte und mein Tonfall stellt sicher, dass meine Aussage keinen Verhandlungsspielraum bietet.

Angrabscht, rumfummelt. Ja, das meine ich bewusst so deutlich, ich rede hier nämlich NICHT von den Berührungen die zwischen zwei unbekannten Menschen völlig normal sind. Ich rede ganz explizit von den Situationen in denen wildfremde Menschen meinen Sohn mit viel Körpereinsatz anfassen, seine Haut spüren wollen und was soll dieses im Gesicht rumgefummel bitte?!

Mittlerweile läuft mein Sohn quietschvergnügt durch die Gegend und ist viel zu schnell als dass man ihn noch lange antatschen kann.

Auf unserem liebsten Wanderweg auf Rügen tapste unser Kleiner fröhlich lang bis sich ein Mann ihm in den Weg stellte, die Arme ausbreitete und rief „Na, komm her zu mir, du Kleiner! Los komm mit!“

Ich bin Soziologin keine Psychologin aber ich behaupte mal so stumpf, dass er keine pädophilen Neigungen hat und auch nicht vorhatte mein Kind zu entführen. Er wollte spielen, Quatsch machen, Kontakt aufnehmen.

Die Welt ist schön aber sie besteht nicht nur aus Menschen, die es gut mit uns meinen und nein, ich möchte nicht, dass mein Sohn lernt, dass er hingehen kann, wenn wildfremde Menschen das für eine gute Idee finden.

„Nein, Schatz, du gehst nicht zu dem Mann, wir kennen ihn nicht!“

Der Mann, dessen Frau sich sichtbar unwohl fühlte als er breitbeinig mit offenen Armen vor unseren Sohn trat, war beleidigt und beschämt. Sooo hätte er das doch nicht gemeint!

Ähm, Sorry aber wenn hier jemand pissig sein darf, dann ja wohl ich. ICH war es nicht, die ein fremdes Kind an die Hand und mitnehmen wollte. Denn DAS kommt bei meinem Kind an. Das es „nur Spaß“ war, kann ein so kleines Kind nicht einschätzen. Und das er nicht missbraucht werden soll, setze ich mal voraus.

Will ich, dass mein Kind mit Fremden mitgeht weil er (oder sie) ein Späßchen mit ihm macht? Ihr ahnt es: Zu Hölle NEIN!

„Nicht mit Fremden mitgehen!“ Ich kenne niemanden den dieser Spruch nicht in der Kindheit eingebläut wurde. Doch niemals hätte ich gedacht, dass ich das bereits meinem Kleinkind mit damals 14 Monaten erzähle.

Ich bin weiterhin dabei mich unbeliebt zu machen. Ich sage dem Herrn laut und sehr deutlich, dass er sofort aufhören soll meinen Sohn zu sich zu rufen oder ihm zu erklären, dass er ihn mitnehmen will. Besonders hartnäckige Exemplare frage ich was sie mit meinem Sohn denn machen möchte. Meinem Sohn erkläre ich, dass ich nicht möchte, dass er mit fremden Leuten, die ihn rufen, mitgeht. Laut, deutlich, eindringlich. In dem Ton, den ich so selten anwende, dass er ankommt. Hoffe ich.

Situationen wie diese beschriebene sind keine Ausnahme sondern vielfach die Regel. Ohne Klischees bedienen zu wollen aber es sind immer immer ältere Herren. Wenn ihre Frauen dabei sind, reagieren Sie beim Auftreten ihres Partners meist beschämt oder versuchen ihn zu bremsen.

Herzlichen Dank! Das habt ihr toll gemacht mit eurem saudoofen Verhalten! Nichts habe ich mir mehr gewünscht als meinem Sohn mit knapp anderthalb Jahren schon zu vermitteln, dass nicht alle Menschen total lieb sind. Yeah! Das ist besonders toll, da mein Sohn noch nicht sprechen kann. Wir können also keine Gespräche über Grenzen, Übergriffigkeit, Süßigkeiten im Auto und so weiter führen.

Ihr findet mein Kind super süß und niedlich? Dazu müsst ihr nicht ungewünscht an ihm rumtatschen oder ihn auffordern , dass er mit euch mitgehen oder in eure Arme rennen soll. Versteht ihr nicht?

Dann erkläre ich es euch gerne, was ihr das macht. Laut und in der Öffentlichkeit. Und bis dahin überlegt euch doch bitte wie ihr es fändet, wenn ich euch auf der Straße entgegen springen würde, ganz begeistert in eure Wangen kneife und erkläre wie schmusig weich ihr euch anfühlt.

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