Dass unsere Kinderwunschzeit ein paar Jahre länger dauerte als gehofft, hat rückblickend betrachtet auch Vorteile. Äh, nee, streicht das. Rückblickend betrachtet, hatte es zusätzlich den Nachteil, dass ich viel Zeit hatte, festzustellen, was andere Eltern völlig falsch machen. Und wie wir es natürlich besser machen in Punkto Ernährung und Erziehung. Genau…
Um ehrlich zu sein, gab es sogar eine lange Zeit in der ich beim kleinsten Kindergebrüll entnervt die Augen rollte und nach den nachlässigen Eltern guckte „Haben die ihre Blagen nicht im Griff oder sind die taub?!“. Zu meiner Verteidigung: damals war ich Anfang 20 und hatte das Verantwortungsbewusstsein eines amerikanischen Großkonzerns, das Wasserrechte kauft und das Feingefühl eines Berliner Busfahrers.

Es ist einfach festzustellen, was andere so für Fehler machen, wenn man wirklich keine Ahnung hat, was man da so (ver)beurteilt. Und tatsächlich gibt es immer noch Dinge, die ich einfach anders machen möchte. Aus Überzeugung und weil es mir wichtig ist. Und dann scheitere ich zwischendurch mal grandios an der Realität scheitere. Neulich:
Neulich in der Drogerie. Ich hatte gerade die Erfahrung gemacht, dass es eine Steigerung von „Mama-und-Kind-krank“ gibt. Nämlich „Kind-wieder-voll-fit-und-jetzt-Mama-krank“. Da war die erste Kombi irgendwie netter! Es nutzte trotzdem nichts, ich stopfte mein Energiebündel in seinen Buggy, schnappte mir eine Großpackung Taschentücher und schlurfte Richtung Windeln *stopftindenBuggy*, Taschentücherboxen *schmeisstsovielwiegehtindenBuggy* und….schnappte mir die „niemals bekommt unser Sohn so einen Mist zu essen! Niemals!!11!“ Fruchtriegel für Kinder.
Kennt ihr diese Fruchtriegel die aus gepressten und pürierten Früchten bestehen? Mit einem Hauch Getreide? Und auch wenn „kein Zuckerzusatz“ drauf steht, das sind einfach mal Zuckerbomben ohne Ende und haben mit gesunder Ernährung genauso viel zu tun wie Mikroplastik in der Naturkosmetik. Nun. Bene liebt sie alle. Woher ich das weiß? Ich hielt es mal für eine gute Idee ihm mal einen „nur mal zum Ausprobieren“ anzubieten. Seitdem muss ich die Dinger verstecken, da mein Sohn sie durchaus für eine vollwertige Mahlzeit hält. Sie sind aber so praktisch.Der nächste Punkt weswegen sie mich einfach stören: Sie sind echte Plastiksünden. Jeder Riegel ist einer Plastikverpackung und damit hat die Umwelt noch die nächsten 400 Jahre was davon, bis sich das Plastik auflöst.

Ich schnappte mir also ein 2-3 Riegelchen so viel ich tragen konnte, schmiss sie – Achtung Anfängerfehler – sichtbar für meinen Sohn in den Wagen und….wurde angebrüllt. Da Bene auch gleichzeitig versuchte aus dem Buggy zu springen, theatralisch auf die Riegel zeigte und ihm sofort dicke fette Kullertränen über die Wange liefen, war klar, dass er leider sofort verhungern wird, wenn ich ihm nicht umgehend seinen Riegel gebe.
Ich versuchte es mit Gelassenheit und erklärte mit verrotzter Stimme, dass wir die Riegel noch nicht bezahlt haben und er sie daher noch nicht haben kann. Nach dem Bezahlen gerne. Einen. Aber nicht vorher.
Ich finde es ist eine Unart im Geschäft die Produkte aufzumachen und zu verspeisen obwohl man sie noch nicht bezahlt hat. Nennt mich Spießer aber: das macht man einfach nicht. Die Ware gehört mir, nachdem ich sie bezahlt habe. Dann kann ich sie essen, spenden oder sie mir unter die Achsel reiben, wenn ich das möchte. Bis dahin bleibt die Verpackung zu.
Es ist einfach schlechter Stil im Geschäft Sachen aufzumachen, zu essen und an der Kasse der Kassiererin die leere Verpackung unter die Nase zu halten. Geht gar nicht. Ich will es essen, dann bezahle ich es, fertig. Eigentlich ganz einfach.
Davon abgesehen, habe ich keine Lust meinem Sohn zu vermittlen, dass es ok ist sich Dinge zu nehmen obwohl sie einem noch nicht gehören.

Mit seinen 13 Monaten versteht Bene viel. Zum Beispiel, wie er die Kindersicherung beim Waschtisch austrickst. Oder mein Portemonnaie öffnet und meine Karten in den Müll stopft. Und das Papa sich freut, wenn er Mamas Slip in seinen Schuhen findet.
Jedenfalls stieß mein Monolog über Bezahlen und Geduld auf taube Ohren und kam nicht ganz so gut an. Ich versuchte es mit etwas strengerem Tonfall, ignorierte noch tapfer den Schnupfenkopfschmerz und bot Bene seine Wasserflasche an. Er reagierte prompt, donnerte sie mir entgegen und ballte seine Fäustchen kampfeslustig. Seine dicken Kullertränen waren mittlerweile nicht mehr vom Schnodder zu unterscheiden, er hatte sich krebsrot gebrüllt und ich versuchte es mit Streicheln. Kuscheln hilft IMMER.
Drei Sekunden später riss ich den Riegel auf, bot ihn Bene an und schlagartig war wieder Ruhe und seine Gesichtsfarbe normalisierte sich in Sekunden. Während ich ihm und mir den Schnodder abwischte, erklärte ich meinem zufrieden mampfenden Sohn, dass er gerade einen Riegel isst, den er eigentlich nicht kennen sollte und im Übrigens ist es mindestens illegal.
Ich klärte ihn auch auf, dass ich mir Stein und Bein geschworen hatte, niemals zu den Müttern zu gehören, die ihrem schreienden Kind in Windeseile nachgeben. Und diesen „ganzen Industriemist“ sollte er auch erst mit Auszug kennen lernen. Frühestens. Ich guckte in den Buggy. Seinem friedlich schlafenden Gesichtsausdruck nach war er irgendwo zwischen „Das passiert mir nie wieder.“ und „Erst bezahlen, dann essen.“ eingeschlafen.

Das letzte Stück Riegel war ihm aus dem Mund gefallen, ich nahm es, stopfte es mir in den Mund „Oh, Apfel-Kirsch ist wirklich gar nicht so übel“ und schlurfte mit der aufgerissenen Verpackung zur Kasse.
Alles Liebe, Eure Nita
Hi! Ich bin Anita, 38 Jahre und blogge über Alltagsgeschichten aus meinem Mamaleben und Schwangerschaft, mag nachhaltige, natürliche Beautyprodukte und schnelle, leckere Rezepte. Dabei verliere ich selten meinen Humor, lege den Finger aber gerne in die Wunde. Jeden Sonntag, so ab 12.00 Uhr, je nachdem ob es unser Einjähriger kleiner Junge zulässt, kommt ein neuer Blogbeitrag auf meiner Seite Nitas Pleasures.
Auf Instagram und Facebook nehme ich dich ein bisschen durch unseren Alltag mit. Ich freu mich, wenn du uns begleitest.
2 Comments
Hey Nita,
kenne das Spiel 1zu1. Habe mir auch immer gesagt erst bezahlen, dann Essen aber in dem Alter, was will man da nunmal machen.
Mittlerweile ist mein Sohn (4 Jahre) alt genug und versteht das Prinzip voll und ganz, aber als er noch Jünger war……da gab es schon den ein oder anderen Kampf.
LG
m4TzE
Hallo m4TzE, mit 4 ja? Das lässt ja hoffen! Und eben, lieber gebe ich jetzt nach als mit einem 1jährigen dem das Prinzip völlig unklar ist, brüllend durch den Laden zu ziehen.
Liebe Grüße, Nita